“Die deutsche Wirtschaft hat im internationalen Vergleich die Zeichen der Zeit erst spät erkannt und deutlichen Nachholbedarf”, das ist eine der Schlüsselerkenntnisse der „Afrika-Studie 2023“, die die Unternehmensberatung KPMG gemeinsam mit dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft erstellt hat.
Laut Recherchen der Beratungsgesellschaft haben sich deutsche Investitionen in Afrika in den letzten 20 Jahren etwas mehr als verdoppelt. Was nach viel klingt, ist es mitnichten. Denn im gleichen Zeitraum hat sich die Wirtschaftsleistung Afrikas in etwa vervierfacht.
Unser Nachbar Frankreich versechsfachte zwischen 2003 und 2023 seine Direktinvestitionen auf dem Kontinent; China steigerte sie sogar um den Faktor 90. Die Investitionszurückhaltung der Vergangenheit spüren deutsche Unternehmen in Afrika heute, denn die am Markt aktiven Unternehmen sehen sich einer dominanten internationalen Konkurrenz aus Frankreich, China oder der Türkei ausgesetzt.
Wie lässt sich der Rückstand aufholen und in welchen Sektoren liegen die größten Chancen?
“Im öffentlichen Diskurs wird Afrika häufig als sogenannter Krisenkontinent wahrgenommen. Dabei hat sich Afrika längst zu einem Chancenkontinent entwickelt, denn in den letzten Jahren haben viele afrikanische Länder, aber auch der Kontinent insgesamt, an Bedeutung gewonnen”, so eine weitere Schlüsselthese der Studie.
Das Wirtschaftswachstum Afrikas hat einen Motor, der die Drehzahl auf einem Mindestlevel hält: Es ist der Kontinent mit der am schnellsten wachsenden Bevölkerung. Fünf der zehn größten Mega-Citys der Welt, so lauten Prognosen, werden am Ende dieses Jahrhunderts in Afrika liegen. Das bedeutet auch, dass sich auf dem Kontinent der gleiche Strukturwandel vollziehen wird, der sich in allen aufstrebenden Regionen beobachten lässt: die Urbanisierung. Die Menschen, die in die Städte ziehen, werden sich nicht mehr selbst versorgen. Es entstehen neue Industrien in der Nahrungs- und Konsumgüterproduktion sowie im Dienstleistungssektor. Basis für die Versorgung ist eine funktionierende Infrastruktur und für all das wiederum ist eine funktionierende Energiewirtschaft elementare Voraussetzung.
Die Energiewirtschaft wird daher auch in der neuesten KPMG-Studie als der Investitionssektor Nummer eins genannt. Das Potenzial ist gewaltig, denn über 40 Prozent der Menschen in Afrika leben noch immer ohne Stromanschluss – was ein gewaltiger Bremsklotz für die weitere Entwicklung ist. In absoluten Zahlen gesprochen sind das etwa 600 Millionen Menschen, damit bald ein Drittel mehr als die EU an Einwohnern hat: 450 Millionen.
Gleichzeitig sind die Möglichkeiten einer Versorgung mit Solarenergie ohne gleichen: Afrika steht für 60 Prozent der weltweit am besten geeigneten Solarstandorte – diese stellen bislang allerdings nur 1 Prozent der weltweit installierten Kapazität.
Kein Wunder also, dass laut KPMG-Studie deutsche Unternehmen zunehmend positiver auf Afrika blicken. Als wichtigste Pluspunkte werden die schnell wachsende afrikanische Bevölkerung (51 Prozent der Befragten), die unerschlossenen Märkte Afrikas (52 Prozent), Marktgröße und -wachstum (69 Prozent) und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften (27 Prozent) genannt.
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